Synthesizer-Reparatur

 

Zuerst will ich oft auftretende Störungen erwähnen, die bei einem nicht funktionsfähigem Gerät auftreten. In 90{eb681a58ecc476759952a50a8a7c167279151df38e58f2598760f2d2e5f4f286} aller Fälle sind sie die Ursache, dass der Synthie kein Ton abspielt.

Bei der Fehleraufzählung werde ich sofort konkrete Verweise auf meine Artikel geben, in denen der Fehler beschrieben wird.

 

Oft auftretende Störungen bei schon entworfenen Geräten

Dazu gehören alle Synthesizer auf dem Markt.

Störungen:

  • Elektrolytkondensatoren!!!
    • Ein ewiges Thema. So ein kaputtes „Fässchen“ verursacht, dass der Mikrocontroller nicht gestartet wird (s. weiter „Immer zu überprüfen“), dass der analoge Chorus-Effekt nicht funktioniert, oder der LFO nicht schwingt, etc.
    • Bei den Chorus-Effekten und LFOs dienen oftmals Elytkondensatoren als Zeitkonstantenbauelemente, das heißt zusammen mit einen Widerstand beeinflusst es die Schwingfrequenz eines (beliebigen) Oszillators. Falls dieser kaputt geht, wird der Oszillator nicht anschwingen. (Juno 6)
    • Ein kaputtes Kondensator im Netzteil kann ganze interne Versorgung des Synthesizers abstellen, deswegen immer Netzteil prüfen oder provisorisch alle Elkos im Netzteil tauschen!

Lösung: Wechseln des Kondensators durch gleichen Typ (identische Kapazität und identische minimale Betriebsspannung)

  • Beschädigte Leiterplatte
    • Durch mechanische Impulse: Leiterplatte wurde mechanisch beschädigt. Ganz brutaler Fall. Kommt nur selten vor. (Juno 6)
    • Durch das falsche Löten: Oftmals wurde der Synthesizer schon vorher von jemandem repariert und irgendwelche Bauteile wurden gewechselt. Meistens durch ungeschicktes Löten gehen die Leiterbahnen kaputt. In manchen Fällen lassen sich die Störungen auf Leiterbahnen ganz schwierig finden! (Polysix)
    • Durch chemische Beschädigung der Leiterbahn: Bei manchen Synthesizern (gilt hauptsächlich für Korg Poly 61 und Korg Polysix) wurde die Pufferbatterie benutzt, um im RAM-Speicher Toneinstellungen des Synthies beim ausgeschalteten Gerät zu behalten. Nach mehr als 30 Jahren ist diese Batterie so stark korrodiert, dass die Chemikalien auf die Leiterplatte auslaufen und ätzen die Leiterbahnen. (Polysix)

Lösung:  Optisch überprüfen, ob alle Leiterzüge in Ordnung sind. Falls es nicht möglich ist, den Signal auf dem „verdächtigen“ Leiterzug zu verfolgen. Beschädigte Stellen mit einem Drahtstück überbrücken. Batterie durch eine neue, hochwertige ersetzen.

  • Beschädigte Bauelemente
    • Oftmals bei mechanisch beschädigter Leiterplatte kann man auch mechanisch zerstörte Bauteile finden. (Juno 6)(Polysix)
    • Es kann sich um Widerstände, Keramikkondensatoren, ICs, also alle Bauteile handeln.

Lösung:  Optisch überprüfen, ob es der Fall ist. Falls ja, zerstörtes Bauelement auslöten und durch ein neues ersetzen.

  • Drahtverbindung/Steckerverbindung unterbrochen
    • Die Kontakte bei den Stecker können korrodieren, dann kann der Kontaktübergang so hochohmig werden, dass es zur Störung der Funktion des Synthesizers führen kann.
    • Manche Drähte können abgerissen werden. Das kann wiederum die Störung der Funktion des Synthesizers verursachen.

Lösung:  Optisch überprüfen, ob es der Fall ist. Falls ja, Drahtkontakte wiederherstellen. Die oxidierte Konnektoren mit Wasser und Waschpulver waschen, dann sofort mit dem Föhn trocken.

  •  Eine Stimme funktioniert nicht
    • Filterchip ist kaputt. (Juno 2)
    • Filterchip ist der Kern einer Filterschaltung. In der Filterschaltung kommen fast immer Elkos und andere ICs (hauptsächlich OPVs)vor. Die gehen auch gerne kaputt. (Jupiter 4)

Lösung:  Signal verfolgen und rausfinden, welches IC kaputt ist.

    • Wie soll ich wissen, welches IC kaputt ist?
      • Eingangs- und Ausgangssignale betrachten
        • Falls bei einem OPV am Eingang ein Signal vorhanden ist und am Ausgang nicht, ist dieser höchstwahrscheinlich kaputt
        • Das Gleiche gilt für Transistoren
      • Betrachten von Verhalten der Schaltung bei einer funktionsfähigen Stimme
        • Gibt eindeutige Information an, wie der richtige Signalverlauf aussehen soll
        • Sehr hilfreiche und relativ schnelle Methode
      • Kennen von der Grundverhalten entsprechenden ICs
        • Datenblätter warten auf Sie, bis Sie diese benutzen
        • Allgemeines Wissen (Bücher, Wikipedia, …)
  •  CMOS ICs sind kaputt
    • Mit CMOS ICs meine ich hier alle mit dieser Technologie hergestellte ICs (außer Mikrocontrollern (8048, 8049, 8051, 8052), die gehen fast nie kaputt), z.B. Timer (CMOS 555), OPVs (TL064), Logikschaltkreise (CMOS 4051). Diese defekte ICs verursachen ganz breite Skala von Störungen:
      • defektes Multiplexer (bei analogen Synthies sehr beliebtes 4051) – Aufnahme der Information von der Bedienungsplatte ist nicht möglich – die Schalter und Potentiometer reagieren nicht (Jupiter 4)
      • defektes Gatter – z.B. 4025, der bei (Jupiter 4) Ausfall des ADSR-Generators verursacht hat
      • defektes Analogschalter (bei analogen Synthies sehr beliebtes 4066) – Signale werden nicht durchgeschaltet, wenn es notwendig ist, also z.B. beim Einschalten des Rechtecksignals auf der Bedienungsplatte erscheint kein Rechteckton im Lautsprecher (Elektronika EM-25)(Jupiter 4)
      • defektes OPV (nicht nur CMOS OPVs gehen kaputt, auch für Bipolar-OPVs ist es ganz normal!, also z.B. TLxxx, 4558, 741) – ganze Synthesizer-Blöcke können ausfallen (VCO, VCA, …), PWM-Regulation funktioniert nicht mehr (Jupiter 4)
      • defektes Transkonduktanz-OPV (bei Roland BA662, der sich durch BA6110 (unterschiedliche Pin-Belegung beachten) ersetzen lässt) – Filter lässt als Folge kein Signal durch. Z.B. Filter von (Jupiter 4) besteht aus der Kaskade von vier  BA662 (jede Filter-Stufe bildet einen Filter mit -6dB Abfall, insgesamt also -24dB). Geht also eine Stufe kaputt, Signalweg wird unterbrochen. Das Gleiche gilt für VCAs, s. defektes BA662 bei Juno 6.

Lösung:  Entsprechendes IC aussuchen (s. vorigen Abschnitt) und durch neues ersetzen. Bei den OPVs und Logik-ICs ist es ziemlich einfach, denn es ist heutzutage kein Problem, Ersatze für diese zu finden. Komplizierter ist es, ein Filter-IC oder Transkonduktanz-OPV zu finden. Die lassen sich finden (ebay), sind aber teuer.

  • IC: gleicher Typ, aber unterschiedlicher Hersteller
    • Gilt hauptsächlich für Logik-ICs.
    • Als ich das erlebt habe, war ich erstaunt. Das Gatter 4011 wird von zahlreichen Herstellern angeboten. 4011 von allen Herstellern hat auch immer gleiche Funktionsweise. Das integrierte Layout der Siliziumstruktur variiert aber vom Hersteller zu Hersteller in geringer Weise. Das kann einen Problem verursachen, denn ein paar ICs im ganzen Synthie sollen nur vom bestimmten Hersteller sein. Der Synthesizer wurde schon vom Anfang so entworfen, dass dort die ICs vom konkreten Hersteller kommen, und zwar für die ganze Serie. Wird da ein „fremder“ IC benutzt, kann es zur gegenseitiger Beeinflussung von Signalen kommen. Das gilt für den Fall, wenn Teil der IC für VCO1 und der andere für VCO2 benutzt wird. Die ganze Geschichte ist mir bei ARP Odyssey passiert, wo ein 4011 für VCO1, VCO2 und Ringmodulation eingesetzt wurde. Man konnte hören, dass es zur schwachen Ringmodulation kam, obwohl ein VCO immer aus war. Dass da ein „fremdes“ IC ist, habe ich nur nach drei Tagen verstanden…

Lösung:  Den gleichen IC bei unterschiedlichen Elektronikladen kaufen. Es ist fast sicher, dass die unterschiedliche Herrstellerserien haben werden. Falls es immer nicht richtig funktionieren wird, nimmt man mehrere ICs und ordnet immer je ein IC für je eine Funktion (z.B. ein 4011 für VCO1, zweiter für VCO2 und dritter für Ringmodulation). Ich habe das bei meinem Odyssey gemacht und es funktioniert hervorragend. Meisten Gatter bleiben unbenutzt, aber in unserem Fall ist es unwichtig.

  • Oxidierung von Schaltern und Potentiometern
    • Der Schalter reagiert nicht, oder nur selten, wenn der stark betätigt wird. Das Gleiche gilt für Potis. (Polysix)(Juno 6)

Lösung:  Schalter auseinanderbauen und vorsichtig reinigen (Spiritus oder andere organische Lösungsmittel; Vorsicht bei Aceton, der löst viele Plastiksorten). Trocknen lassen und wieder zusammenbauen. Gleiche Vorgehensweise gilt für Potis. Manche Druckschalter (z.B. bei Polysix) lassen sich so nicht reinigen, denn wenn man diese öffnet, gehen die kaputt. Lösung: neuen Druckschalter kaufen, identische Bauweise lässt sich heute noch finden. Es ist auch die beste Lösung.

  • Oxidierung der Tastatur
    • Manche Tasten reagieren beim Betätigen nicht

Lösung: Tastatur in Einzelteile zerlegen (dabei die Reinfolge merken :)) und diese mit Wasser und Waschmittel (für Kleidung) waschen. Anleitung s. (Polysix).

!!!Auf keinen Fall Schleifpapier oder Messer nutzen!!! Habe schon mehrmals gesehen, wie vorige „Meister“ die Tastaturkontakte in Korg Mono/Poly oder Korg Polysix in dieser Weise kaputt gemacht haben.

 

 

 

Ofte Störungen bei Geräten, die entworfen werden

Diesen Teil füge ich als Ergänzung zu dem ersten. Jemand von Ihnen hat bestimmt ein Gerät entworfen, so ist es für Sie geeignet, diesen Absatz durchzulesen.

  • IC: gleicher Typ, aber unterschiedlicher Hersteller
    • s. „Ofte Störungen bei schon entworfenen Geräten“
  • Fehler beim Leiterplattenentwurf
    • Im Entwurfprogramm merkt man nicht, dass sich z.B. zwei Leiterbahnen berühren oder überschneiden. Bei großen Leiterplatten mit Hunderten Bauelementen passiert es ab und zu.
  • Bauteilbezeichnung
    • Einmal habe ich ein Verstärker gebaut. Er funktionierte nicht, obwohl es schien, alles in Ordnung zu sein. Bei der Fehlersuche habe ich gemerkt, dass eine Transistorstufe verstärkt nicht. Gut, da wechsele ich den Transistor und es wird gut sein. Aber nein! Wiederum keine Verstärkung. Nach der langen Suche habe ich dann gemerkt, dass ich Widerstand mit falschem Widerstandswert genommen habe. Ich brauchte 130Ω, so nahm ich den Widerstand mit „130“ Bezeichnung, auf der anderen Seite stand noch „K“, was ich übersehen habe. 130kΩ Emittor-Widerstand hat verhindert, dass durch Transistor entsprechend großer Strom fließt und es kam zu keiner Verstärkung.
  • Übernahme einer Schaltung – alles beachten
    • Oftmals existiert es schon die Schaltung, die wir brauchen – im Internet, in Büchern, etc. Bei der Kopieren der Schaltung alles beachten! Ich habe einmal zwei Schalter weggelassen, die als unwichtig erscheinten. Deswegen hat die ganze Schaltung nicht funktioniert.
  • Vorsichtigen Manipulation mit der Schaltung – Löten, Messen
    • Bei Neubau und Beleben einer Schaltung muss man ständig etwas messen, Spannungen mit Oszi betrachten, um hinzukriegen, ob das Gerät richtig funktioniert. Oftmals muss man unterschiedliche Bauelemente rein- und herauslöten, um das Verhalten der Schaltung zu sehen.
    • Dabei immer:
      • Versorgungsspannung ausschalten!!! Wird das nicht gemacht und Sie schließen was kurz, gehen die neuen Bauteile kaputt und Sie wundern sich, was passiert ist. Dazu es ist dann zusätzliche Arbeit, das „tote“ Bauelement auszusuchen.
      • Vorsichtig löten! Anderseits können zwei Pins vom Transistor oder ICs unerwünscht verbunden sein und die Bauteile gehen kaputt.
      • Die Bauteile mit Messelektroden oder Tastkopf vorsichtig berühren. Die Messspitzen sollen nicht herunterrutschen und zwei benachbarte Pins bei z.B. einem IC kurzschließen. Mir ist es schon passiert, leider ging in manchen Fällen das Bauelement kaputt.
  • Genaue Werte von Bauelementen müssen sein!
    • Manche Schaltungen erfordern Widerstände mit exaktem Wert. Nur kleine Abweichungen verursachen, dass die Schaltung nicht richtig funktioniert. Das gilt z.B. für VCOs.
    • Manche Schaltungen erfordern ausgewählte OPVs, Transistoren usw. Das gilt für VCOs, VCFs, VCAs, CV-Generatoren
      • In bestimmten (hauptsächlich alten) CV-Generatoren spielt Offset des OPV eine große Rolle. So muss ein passendes OPV ausgewählt werden (z. B. LM301 bei CV-Generator im ARP Odyssey).
      • Transistoren sollen gepaart werden. Gilt für diskrete Filter, wo ein Paar als eine von mehreren Filterstufen funktioniert (z. B. VCF 4075 bei ARP Odyssey)

 

 

 

Allgemeine Vorgehensweise bei Synthesizerreparatur

Nach den Reparaturen von ca. 20 Geräten habe ich meine Vorgehensweise entwickelt, um den Synthesizer gut und zuverlässig zu reparieren.

  1. Synthesizer kurz einschalten und beobachten, was er macht. Der Reparateur soll ungefähr sehen, was funktioniert, was funktioniert nicht.
  2. Synthesizer komplett reinigen. Viele Störungen werden dadurch beseitigt. Genaue Vorgehensweise (Juno 6) und (Polysix)
  3. Tastatur und alle Schalter funktionieren jetzt. Es gibt keine Oxidierungen. Tastatur reagiert perfekt. Alle Leiterplatten sind rein und ohne Staub. Wir überprüfen den Synthesizer optisch. Erkenntnisse aus „Ofte Störungen bei schon entworfenen Geräten“kommen jetzt in Spiel.
    • Gibt es korrodierte Bauteile (hauptsächlich Elkos)? Gibt es Elkos mit großem „Bauch“ ?
    • Gibt es mechanische Beschädigungen von Bauteilen oder Leiterplatten?
    • Viele Fehler lassen sich durch sorgfältige optische Überprüfung finden.
  4. Elektrische Kontakte wiederbeleben/verbessern.
    • Steckverbinder trennen und wieder verbinden. Kontakt wird erfrischt.
    • ICs, die in Fassungen sind, langsam rausholen und wieder in die Fassung reinstecken. Das gilt für Mikrocontroller, Filter-ICs und manche Logikschaltkreise, die sich oftmals in Fassungen befinden.
  5. In dieser Phase übergehen wir zum elektrischen Teil. Wir suchen aus, welche Blöcke funktionieren nicht. Erkenntnisse aus „Ofte Störungen bei schon entworfenen Geräten“ kommen jetzt in Spiel.
    • Netzteil überprüfen. Sind alle Versorgungsspannungen vorhanden?
    • Einzelne Blöcke reparieren.
  6. Alle Funktionen überprüfen.
  7. Synthesizer stimmen und justieren.

In den Artikeln werde ich die Reihenfolge von Schritten einhalten.  Ich nummeriere in den Artikeln alle Schritte entsprechend hier eingeführten Nummerierung.

 

 

 

Immer zu überprüfen:

  • Resetelko bei Mikrocontrollern
    • In meisten Synthesizern mit Mikrocontlollern (µC) vorhanden.
    • Resetiert den Schaltkreis beim Einschalten des Synthesizers.
    • Wird der Mikrocontroller nicht resetiert, kann es nicht richtig funktionieren, als folge funktioniert der ganze Synthie nicht.
    • Sieht so aus:

Reset-Kondensator Korg Monopoly & Crumar Bit One

 

  • Netzteil
    • Alle Versorgungsspannungen stimmen?
    • Sind die exakt, wie es im Service-Manual steht?