Roland Jupiter 4

1. Mängel des Synthesizers, als ich den bekommen habe:

  1. Hebelchen des VCO-Schalters auf der Bender-Platte abgebrochen
  2. Plastikknopf des Level-Potentiometer bei VCA fehlte
  3. Manche Tasten reagierten nicht, die anderem nur teilweise
  4. Alle 4 Stimmen des Synthesizers hatten Mängel:
    • manche VCOs funktionierten nicht (kein Signal/kein Rechtecksignal/PWM nicht funktionsfähig)
    • manche ADSR-Generatoren funktionierten nicht
    • manche Filter funktionierten nicht
  5. Nach dem Betätigen von Schalter und Potentiometer erfolgte keine Klangveränderung
  6. Speicherung von Nutzereinstellungen funktionierte nicht
  7. Eine Stimme hatte zu kleine Portamento-Zeit im Vergleich zu anderen bei Portamento-Effekt

Zustand am Anfang:




 

 

2. Reinigung des Synthesizers

Wenn ich den Synthesizer geöffnet habe, stellte ich fest, dass er im Innen ganz rein war. Es gab kein richtiger Schmutz im Innen, so reichte nur aus, den Staub mit dem Staubsauger zu entfernen. Danach habe ich noch mit einem nassen Lappen das Gehäuse im Innen geputzt.

Mechanische Konstruktion von Jupiter 4 Tastatur ist ziemlich kompliziert und die lässt sich nicht so einfach auseinanderbauen. Doch sie war nicht in so einem schlechten Zustand, dass man diese unbedingt zerlegen musste. Ich habe die Tastatur mit Kontaktspray gereinigt.

Tastaturreinigung:

  • Gruppe von Kontakten mit dem Spray bespritzen.
  • Ich habe als Gruppe immer  8 Tastenkontakte genommen und darunter ein Stück Karton gelegt. So breitete sich das Aerosol nur auf die Kontakte und den Karton aus.
  • Ich habe nicht immer gute Erfahrung mit dem Kontaktspray. Auch wenn auf der Dose geschrieben steht, dass es die Metallkontakte nicht chemisch eingreift, habe ich festgestellt, dass es nicht immer so ist. Den Spray habe ich einmal auf Juno 6 Tastaturkontakte aufgebracht und nach ca. 2 Monaten stellte ich fest, dass die zum Teil oxidiert sind.
  • Nach dem Besprühen reinigte ich die Kontakte vom Spray mit Aceton.
  • Wenn die Kontakte nur leicht oxidiert sind, reicht es aus, diese nur mit Aceton zu reinigen, dafür ist Aceton sehr gut geeignet.

 → 3. Punkt ist erledigt!

 

 

3. Optische Überprüfung

Hebelchen des VCO-Schalters auf der Bender-Platte abgebrochen: Im Internet habe ich einen ähnlichen neuen Schalter ausgesucht. Den alten habe ich mit dem neuen ersetzt.

 → 1. Punkt ist erledigt!

Plastikknopf des Level-Potentiometers bei VCA fehlte: Leider konnte ich keinen originalen Potiknopf finden, so habe ich mich entschieden, eigenen Knopf zu machen. Genaue Beschreibung steht im Artikel Gießen von Plastikknöpfen in der Kategorie Technische Verfahren.

Hier ist Vergleich zwischen dem Originalknopf und meinem Knopf:

 → 3. Punkt ist erledigt!

Schon am Anfang ist mir eingefallen, dass der Speicher für Toneinstellungen modifiziert ist. Der Autor der Modifikation hat den ursprünglichen RAM µPD5101C-E ausgelötet und anstatt denen eine Fassung eingelötet. In die Fassung wurde eine Leiterplatte mit drei µPD5101C-E eingesteckt. Welcher von den drei RAM gewählt wird, entscheidet der Nutzer mit einem Drei-Position Schalter, der neben WRITE-Schalter zusätzlich eingebaut ist. Ich habe leider nur schlechte Fotos vom erweiterten Speicher. (Bild 17)(Bild 18)
Da die Speicherung von der Information nicht funktionierte, überprüfte ich zuerst die Batterie. Die war in Ordnung und lieferte richtige Spannung. Die Verkabelung wurde danach geprüft. Später kam ich darauf, dass manche Kabel abgebrochen waren. Nach dem Zusammenlöten von allen erforderlichen Drähten funktionierte die Speicherung wieder.

 → 6. Punkt ist erledigt!

 

 

4. Elektrische Kontakte prüfen

Ich habe keine Korrosion bei Steckverbindern festgestellt. Da ich alle Leiterplatten zum Reinigen ausbauen musste, habe ich schon mit diesem Schritt alle Steckverbinder getrennt und wieder zusammenverbunden.

 

 

5. Rein elektrische/elektronische Störungen

Nach dem Betätigen von Schalter und Potentiometer erfolgte keine Klangveränderung: Nach der Analyse der Schaltung habe ich festgestellt, dass die Schalter und Potentiometer auf der Bedienungsoberfläche gruppenweise durch Multiplexer abgetastet werden. Die integrierten Schaltkreise IC3 bis IC6 auf der Hauptplatine sind genau für Scannen von Potis und Schalter auf den Leiterplatten B und C zuständig. Danach habe ich überprüft, ob nicht reagierende  Bedienungselemente tatsächlich zu der Gruppe gehören, die zu einem von den ICs angeschlossen sind. Z. B. die Steckverbindung I2 bei der Leiterplatte C ist für die meisten Parameter von Filter-ADSR, VCA-ADSR und für VCF-Mod., VCO-Mod. zuständig. Wenn alle diese Funktionen auf einmal nicht funktionieren, bedeutet das, dass IC6 nicht funktioniert. Und das war auch der Fall bei meinem Jupiter. Das Gleiche galt für die Steckverbindung I1, da war IC5 kaputt. Beide Schaltkreisen 4051 wurden durch neue ersetzt und die Bedienungselemente reagierten wieder.

 → Teil von 5. Punkt ist erledigt!

Obwohl ich die Multiplexer IC5 und IC6 tauschte, nur ein großer Teil von Parameter-Regler funktionierte. Nächstes Problem war Steuerung von Hochpassfilter. Am Anfang ließ sich die Abschneidefrequenz des Filters nicht verändern. Das galt für alle 4 Stimmen. Aus dieser Tatsache konnte man schlussfolgern, dass Defekt nicht an Stimme-Platinen liegen kann, denn es ist wenig wahrscheinlich, dass HPF bei allen Platinen außer Betrieb sind. Ich habe danach von anderer Ende der Steuerkette die Störung angefangen zu suchen – vom Mikrocontroller µPD8048-012 (IC1). Es ist ersichtlich, dass nach dem µC das Signal an IC15, IC16, IC17, IC18 kommt, danach zum Multiplexer 4051 (IC32) und dann durch Impedanzwandler-Schaltung mit IC27 an die Module Control Board.
Zuerst überprüfte ich, ob µC den Signal sendet – das hat er gemacht. Die Gatter IC15, IC16, IC17, IC18 haben den Signal durchgelassen, d.h. die sollten auch in Ordnung sein. Multiplexer IC32 musste funktionieren, denn andere Funktionen (VCA-S, RESO, … – diese Funktionen steuert IC32 an) funktionierten. Nachher wurde der OPV IC32 überprüft, und da lag das Fehler. Dieser OPV hat den Signal nicht durchgelassen, weil er zerstört war. Nach dem Wechseln funktionierte HPF-Steuerung wieder.

 → Teil von 5. Punkt ist erledigt!

Wie vorher beschrieben, nach dem Wechseln von IC5 und IC6 HPF-Regler funktionierte nicht. Dazu kam noch Waveform Selector, der nicht reagierte. Mann konnte nur Sägezahn und Sub-Oszillator wählen, andere Wellenformen funktionierten nicht. Wiederum, das galt für alle Stimmen-Platinen, also Problem musste außerhalb von diesen liegen. Ich fing wieder vom µC an. Nach der vorigen Erfahrung dachte ich, IC11 (4099) wird kaputt sein. Es war nicht der Fall, weil der Schaltkreis alle Signale richtig durchgeschaltet hat, genau nach der Wertetabelle im Datenblatt. Nächste Stufe ist Bipolartransistor (Q9). Wie es zu erwarten war, war er OK, BJT für kleine Leistung gehen nur sehr selten kaputt. Nach dem Q9 kommen die Gatter IC19 und IC20. Die waren kaputt. Wiederum, durch neue ersetzen.

 → Rest von 5. Punkt ist erledigt!

 

Reparatur von Stimme-Platinen (SP)(voice boards)

Vorgehensweise:

  • Zuerst soll VCO funktionieren. Auch wenn die Platine mehrere defekte Teile hat (VCF, VCA u. ä.), soll VCO als erster funktionieren. Denn er generiert alle Signalformen, die wir dann für Diagnostik von nachfolgenden Filtern, Verstärkern und anderen Blöcken brauchen.
  • Danach kommt Waveform Selector, HPF, VCF, VCA. Es ist erwünscht, die Blöcke einer Stimme-Platine in der Reihenfolge zu reparieren, wie sich das Tonsignal ausbreitet.
  • Bevor eine SP zu reparieren, soll der Steuerteil des Synthesizers funktionieren. Also, Tastatur soll alle notwendige Impulse (mithilfe von µC und Peripherien) an Stimme-Platine liefern. Das Gleiche gilt für Schalter und Potentiometer. Der ganze elektronische Teil, und zwar von Schalter, Potis und Tastatur bis zu Steuereingängen von SP soll bereits funktionieren. Wird es nicht der Fall, Reparatur von SP wird erschwert, weil der Techniker nicht sicher ist, auf welcher Platine sich der Fehler befindet.
  • Im vorigen Teil des Artikels wurde die Reparatur des Steuerteils beschrieben. Jetzt ist man fast sicher, dass der Rest von Störungen an den SP liegt.
  • Bei der Reparatur von Stimme-Platinen ist es hilfreich, die gegeneinander zu tauschen oder nur eine im Synthesizer stecken lassen. Damit hört man nur eine Stimme (= eine SP) und das kann bei der Fehlersuche helfen.
  • Die Störungen bei vier Stimme-Platinen waren eigentlich immer die Gleichen. Nur dass die in unterschiedlichen Kombinationen auftraten. Z.B. defekter VCO und VCF bei einer Platine, bei anderen Platine defektes Wellenform-Selektor, ADSR und PW-Modulator usw. Ich beschreibe alle Störungen insgesamt, die ich bei der Reparatur von SP gefunden habe.

Also fangen wir bei VCO an. Manche VCOs haben nicht geschwungen. Ich habe zuerst befürchtet, dass µA726 kaputt ist. Dieses Transistorpaar in einem Gehäuse mit Heizung ist aber teuer, so es ist immer unangenehm, wenn es kaputt geht. Ich habe also IC2 (µA726) ausgelötet und in die SP eingelötet, bei der VCO funktionierte. Es kam eine nette Überraschung, µA726 war in Ordnung. Es musste also etwas anderes kaputt sein. Einmal war das IC1 (4558), anderes Mal IC3 (555) und IC5 (TL082). Ich habe da mehr rumprobiert als systematisch vorgegangen. Jetzt weiß ich, wenn ein VCO bei Jupiter 4 kaputt ist, sofort diese drei Schaltkreise ersetzen. Auch wenn zwei von denen OK sind. Man weiß nie, ob er morgen oder in 5 Jahre kaputt geht. Übrigens, bei allen vier SP habe ich ca. 20 defekte Schaltkreise gefunden (4558, 082, 555, 4052, 4025, BA662, 4016), solche große Anzahl hat mich verwundert.
IC7 (4052) dient zum Auswählen vom Oktaven-Umfang. Wird dieser IC kaputt, das Signal vom VCO wird nicht weitergeführt. Falls an Pins 1, 2, 4, 5 und 11, 12, 14, 15 ein Tonsignal vorhanden ist und an Pins 9, 10 Steuerimpulse, aber an Pins 3 und 13 nichts, dann ist 4052 zerstört. Also ganz trivial.

Nächster Schritt ist einfach. Falls PWM nicht funktioniert, dann IC9 durch einen neuen ersetzen. IC9 ist hier als Komparator geschaltet, wobei er Sägezahn-Verlauf der VCO’s mit einer festen Spannung vergleicht. Am Ausgang liefert er PW-modulierten Rechteck.
Falls Suboszillator, Rechteck, Sägezahn oder PWM-Rechteck nicht durchgeschaltet werden, liegt es am defekten Analogschalter 4016. Allgemein, 4016 und 4066 verursachen oft auftretende Störungen.

 → VCOs repariert!

 

Nach VCO kommen Filter. Zuerst Hochpassfilter, danach Tiefpassfilter. Tiefpassfilter besteht aus 4 Stufen, es handelt sich also um TP 4. Ordnung. Einer der Filter auf SP war kaputt. Zuerst überprüfte ich, ob HPF (IC11) in Ordnung ist, was der Fall war. Dann war die Kaskade von vier ICs (IC12…IC15, alle BA662) dran. Und da hat es gehängt. Durch einfache Signalverfolgung konnte man feststellen, dass 2 Stufe des Filters kaputt war. Man musste den kaputten BA662 durch einen neuen ersetzen. BA662 lassen sich im Internet nur schwer finden und sind teuer. Als Ersatz kann man sehr gut BA6110 nutzen. Den kann man noch heutzutage kaufen. Wenn man den BA6110 einbaut, muss man beachten, dass er andere Pinbelegung hat.

→ VCF repariert!

 

Und jetzt ADSR-Hüllkurvengeneratoren. Die sind sehr interessant aufgebaut. Für A, D und R gibt es Zeitkonstanten-Bauteile (für VCF-ADSR: C17/R103, C18/R104, C19/R105). IC24 dient als Decoder, der Steuermpulse für Aufbau von A, D und R selektiert und mit dem Ausgang die Analogschalter 4016 ansteuert. ADSR in Jupiter 4 besteht aus vielen kleinen schmalen Impulsen, die sich letztendlich am Kondensator C20 summieren. IC22 dient als Schalter, der nur dann schaltet, wenn ein Gatter (1/3 von 4025) ein Impuls liefert. Somit wird C20 ein- und aufgeladen und ADSR-Hüllkurve wird gebildet.
In meinem Jupiter war die Mehrheit von ADRS-Generatoren kaputt. Das lag an defekten CMOS Schaltkreisen 4025 und 4016. Auch ein 4001 war in einem Generator kaputt. Falls Sie einen Jupiter 4 reparieren werden, können Sie provisorisch alle diese ICs tauschen, somit verlängern Sie das Leben von Ihrem Synthie.

→ ADSR-Generatoren repariert!

→ 4. Punkt ist erledigt!

 

Zu diesem Zeitpunkt war im Synthesizer alles wieder funktionsfähig. Bei der Einstellung maximaler Portamento-Zeit konnte ich aber hören, dass eine Stimme ganz große Zeitabweichung im Vergleich zu anderen hatte. Ich habe die Portamento-Schaltung und ihre Beschreibung im Service Manual gefunden. Da musste ich nicht viel überlegen, da fertige Lösung schon da stand. Auf diesem Dokumentausschnitt steht geschrieben, dass die Zeit von Portamento sich durch geeignete BA662-Auswahl einstellen lässt. Falls das nicht hilft, entsprechenden Kondensator (C13…C16) tauschen. Offensichtlich, der Kondensator wechselte im Laufe von 30 Jahren seine Kapazität so stark, dass er erheblich die Portamento-Zeit geändert hat. Ich denke, es handelt sich um Polypropylen-Kondensator, bei denen passiert so was. Nachdem ich C16 durch neuen Kondensator ersetzt habe, funktioniert wieder alles perfekt!

→ 7. Punkt ist erledigt!

 

 

6. Alle Funktionen überprüfen.

Alles funktioniert. Synthesizer ist nur verstimmt.

 

 

7. Synthesizer stimmen und justieren.

Ganze Trimmprozedur ist im Service-Manual beschrieben. Bei Jupiter 4 gibt es zusätzliche Trimmpotentiometer, mit denen sich die Frequenz jeder Stimme fein einstellen lässt. Diese Potis befinden sich neben den Signalausgängen des Synthesizers. Es ist zu beachten, dass man alle diese vier Potentiometer in die mittlere Position stellen muss und nur dann alle 4 Stimmen an eigentlichen Stimme-Platinen richtig kalibrieren.

 

Synthesizer vollständig repariert!

 

 

Geschrieben am: 15.04.2012